PROGPOWER 2015 - Eine handverlesene Bandauswahl: Florian berichtet!

02. - 04.10.2015 - Baarlo (NL) @ JC Sjiwa

Alle Jahre wieder Anfang Oktober findet im beschaulichen Baarlo an der deutsch-niederländischen Grenze das kultige Festival Progpower Europe statt und nachdem ich es 2014 im 7. Anlauf endlich geschafft hatte Vorort zu sein, wollte ich bei der diesjährigen 17ten Edition der Veranstaltung nicht fehlen. Das von den meisten Besuchern als familiär empfundene Flair, die handverlesene Bandauswahl bestehend aus vielen kleineren Bands, die man selten zu Gesicht bekommt, und natürlich auch die zahlreichen im letzten Jahr geschlossenen Bekanntschaften waren der Hauptgrund mich einmal mehr auf die weite Reise zu begeben.

Da das zweite Mal natürlich immer anders als das erste ist, und eine Rückkehr keiner Entdeckung gleicht, verweise ich diejenigen Leser, die auf Detailreichtum und explizite atmosphärische Erzählungen hoffen, auf den letztjährigen Artikel und fasse mich dieses Jahr etwas kürzer.

Freitag:

Nachdem die Anreise dieses Jahr weit weniger hektisch verlief, mussten wir dennoch anhand der gestiegenen Nachfrage das Kastell de Berckt meiden, und uns im wenige Kilometer entfernt liegenden Venlo in einem Hotel niederlassen, was relativ unproblematisch war, jedoch einen Teil des Flairs vermissen ließ. Dennoch hat ein Bisschen mehr Komfort und Ruhe ja auch seinen Vorteil und da ein Festival im Oktober eh nicht mit einem Open Air mit Campingplatz vergleichbar ist, was zumindest kostentechnisch sehr schade ist, kann man sich das auch mal gönnen.

Pünktlich Vorort eingetroffen galt es natürlich zuerst einmal die vielen bekannten Gesichter zu begrüßen, was wirklich mit dem Flair eines großen Familientreffens zu vergleichen ist, mit dem Unterschied das diese Familie stetig wächst.

Da die Zeit aber nicht so üppig war, stürzten wir uns gleich ins Geschehen um uns die Dänen von Vola zu geben, die mich auf CD ziemlich überzeugt hatten und daher durchaus mit Spannung erwartet wurden. Ja, im Vergleich zum letzten Jahr habe ich dieses Jahr meine Hausaufgaben gemacht, was selbstverständlich auch eine gewisse Erwartungshaltung aufwirft.

Der Vierer aus Kopenhagen beginnt mit dem Opener des aktuellen Longplayers „Inmazes“, das nicht nur den Kern des Sets bildet, sondern mit 9 von 10 Songs fast vollständig gespielt wird. Die interessante Mischung aus djentigen rhythmisch vertrackten Grooves, atmosphärischen Synthies und Gesangsharmonien, die an Alternative Rock erinnern, machen Vola zu einer Band, die man nicht alle Tage hört. Man merkte den Jungspunden ihre Euphorie vor dieser Kulisse deutlich an, was sich auch immer wieder an den Reaktionen des Publikums in einer Art Wechselwirkung spiegelte.

Leider leiden die Dänen an einer chronischen Schwäche des Sjiwas, nämlich einem nicht ganz transparenten, häufig auch mal etwas übersteuerten Sound, der die Sounddichte des Quartetts nur ansatzweise zur Entfaltung bringt, was hier und da in einer Kluft zwischen Keyboard und dem Rest der Band mündet. Schade, da wäre sicher noch mehr drin gewesen. Dennoch ein gelungener Start in das Festival, der mit dem Ohrwurm „Inmazes“ schließt und eine Band die Lust auf mehr macht.

The same War
Stray the Skies
I am not here
Owls
Controllable
Starburn
Emily
Gutter Moon
Feed the Creatures
Black Box
Your Mind is a helpless Dreamer
Inmazes


Weiter geht‘s nach einer längeren Umbaupause mit der zweiten Band vom Freitag und damit dem Headliner des Abends. Die Tunesier von Myrath sind einer meiner musikalischen Favoriten diesen Jahres, und dass man auch auf ihre Livequalitäten bauen kann, haben sie mir bei der Middle-Eastern-Metal-Tour im Vorprogramm von Orphaned Land im Winter 2012 eindrucksvoll bewiesen.

Mit orchestral arabeskem Intro und feiner Lichtshow begann man die Stimmung atmosphärisch dicht anzuheizen, bevor man in der Manier von großen, erfahrenen Bands die Bühne stürmte. Ob „Sour Sigh“, „Under Siege“ oder „Tales of the Sands“, die Songs knallen und grooven wie verrückt, sind supereingängig und trotzdem immer um Authentizität bemüht. Sänger Zaher Zorgati ist gut bei Stimme und auch der Rest des Quintetts legt am heutigen Abend eine gute Performance hin, allen voran für mich der supertighte Bassist Anis Jouini. Um das Gesamtkonzept stimmig zu gestalten, unterstützt die portugiesische Bauchtänzerin Kahina Spirit die Choreographie mancher Songs in verschiedenen traditionellen Gewändern. Myrath spielen Songs aus allen drei erschienenen Alben, wobei man auf „Tales of the Sands“ deutlich das Haupfaugenmerk legt, was verständlich ist, da es das kompositorisch reifste ist.

Zum Ende hin streckte sich das Konzert dann etwas weil man versuchte hier und da noch ein paar typische Showelemente einzubringen, wie lange Gitarrensoli oder Mitsingpassagen, ohne am Ende wirklich die komplette Zeit auszureißen. Emotionale wurde es dann auch noch, da man verlauten ließ den Gig dem vor kurzem verstorbenen Vater des Drummers zu widmen, liebevoll „ Der Pate von Myrath“ genannt, welcher die Band über Jahre managte; ich selber durfte ihn 2012 noch kennenlernen.

Der Schlusspunkt wurde aber natürlich musikalisch gesetzt mit „Beyond the Stars“ und der Versprechung nächstes Fahr endlich ein neues Album zu veröffentlichen und wie wir jetzt wissen geht es dann ja auch im Vorprogramm von Symphony X auf Tour.

Intro
Sour Sigh
Braving the Seas
Merciless Times
Under Siege
Wide Shut
Tales of the Sands
Madness
Forever and a Day
Shockwave
Memories
Tempests of Sorrows
Beyond the Stars


Nach dem Konzert mischten sich die Bands ins Publikum und es ging zur traditionellen Aftershowparty im Keller des Sjiwas, bei der man sowohl mit den Künstlern, als auch mit einem großen Teil des Publikums angenehm locker ins Gespräch kommt und noch bis spät in die Nacht feiern kann. Wir verzogen uns irgendwann zurück nach Venlo ins Hotel um erst mal gehörig auszuschlafen und stellten fest, dass in Venlo eigentlich überall Parkverbot ist oder parken nur mit Parkschein erlaubt ist, jedoch maximal für eine Stunde. Keine Ahnung was sich die Stadt oder die Holländer dabei denken, aber es macht den Aufenthalt als solches sehr ungemütlich und wir werden Venlo ab jetzt definitiv meiden.

Samstag:

Neuer Tag, neues Glück hieß es dann am Samstagmorgen, der mit den Lokalrivalen von Armed Cloud begann, jener Band die letztes Jahr im Kastell de Berckt bei einer Listening Session ihr neues Album „Obsidian Desert“ präsentierte. Die Kompositionen der Van der Veen Brüder, die den Stil prägen, sind irgendwo zwischen melodiösem Hardrock à la Rainbow und Magnum und traditionellem Prog anzusiedeln. Meist prescht die Gitarre mit einem fetten Riff los, wird grooveorientiert von der Rhythmusfraktion begleitet und durch Synthieflächen oder symphonische Einflüsse vom Keyboard abgerundet. Sänger Daan Dekker sorgt neben seinem druckvollen hellen Gesang, der mich an Queensryche erinnert vor allem für die nötige Action auf der Bühne, steht quasi nie still, haucht den Texten durch intensive Mimik Leben ein und ist sich auch für die ein oder andere Freddie Mercury Gedenkpose nicht zu schade. Was auf Dauer etwas künstlich und überenthusiastisch wirkt, stellt sich aber im Laufe des Festivals noch als sehr authentisch raus, denn bei den anderen Bands steht Daan teilweise in erster Reihe und ist genauso emotional dabei wie auf der Bühne.

Vielleicht ist das einer der Gründe warum die 5 das, wenn auch etwas spärliche, Publikum durchaus im Rücken wissen, aber auch Songs wie die aktuelle Single „Jealousy with a Halo“, „My own kind“, „Helping Hand“ oder „Obsidian Desert“ überzeugen. Gegen Ende hin hätten mir ein paar neue Einflüsse und Ideen ganz gut gefallen, da es sich zu wiederholen schien, dennoch ein guter Start in den Tag und ein gelungener Gig.

Intro
My own Kind
Wounded Healer
Obsidian Desert
Morning Star
Helping Hand
Jealousy with a Halo
Tyrant's Destiny
In your Mind
Got her by...
Aftermath of Moral Hazard (interlude)
Wasted?


Einen deutlich weiteren Weg hatten die Russen von Karma Rassa, die aus dem fernen Sankt Petersburg nach Holland kamen mit ihrem Debut im Gepäck, was man ungefähr in der Nähe von Katatonia verorten könnte. Mit philosophisch poetischen Texten und jeder Menge Melancholie hat das Album „Music into the Void“ durchaus gute Momente, die Interesse an mehr wecken, die Show beginnt jedoch erst einmal mit Erstaunen, da die Keyboarderin anscheinend fehlt oder ausgestiegen ist und als Sample vom Band kommt. Ob es nun an der Unerfahrenheit der Band lag, oder am Soundmann, man hatte oft das Gefühl Playback und Band spielen eher gegeneinander als miteinander. Die Frequenzen überschnitten sich zu einem Matsch, manche Einsätze kamen nicht und auch das Tempo wirkte oft nicht ganz aufs Band abgestimmt. Schade, da die Jungs sonst mit Leib und Seele dabei waren und auch sympathisch rüberkamen, und in der angespannten politischen Situation die Musik für sich sprechen lassen wollten, jedoch niemanden mit dem ich sprach überzeugen konnten. Dann lieber noch mal die CD hören.

Drawing the Steel
Ice
Apology of Regress
Frozen Deserts
From War to War
Taste of Sorrow
The Last Starfall
Look for me behind the Wall
Youth will die
Music into the Void


Einen Unterschied wie Tag und Nacht war es als dann Exxasens die Bühne betraten und ihre atmosphärisch unheimlich dichte Show ablieferten. Die Katalanen boten atmosphärischen Space Prog könnte man sagen, eine Prise Ambient, eine Prise Postrock aber alles rein instrumental gehalten. Um live das richtige Feeling an den Mann zu bringen, laufen auf einer Leinwand thematisch passende Videos mit und was die Cd-Titel verheißen funktioniert auch – wer immer sich mal eine Reise zum Mond gönnen wollte, kann sich stattdessen das Geld sparen und in ein paar Exxasens Cds investieren. Leider dient die Band auch einmal als gutes Beispiel dafür, wie wenig man hierzulande von der Metalszene aus Spanien mitbekommt, obwohl sie der hiesigen qualitativ um nichts nachsteht. Diverse Spanier sind auch extra angereist um die Mannen um den Komponisten Jordi Ruiz mit Kräften zu unterstützen, und ob nun Opener „Supernova“, der kleine Verweis auf Pink Floyd „Bright Side of the Moon“, oder „Your Dreams are my Dreams“, das Publikum ist da und Exxasens vielleicht die größte Überraschung des diesjährigen Festivals.

Supernova
My Hands are Planets
Hugeness
Mass of Pluto
Eclipse
Bright Side of the Moon
Rocket to the Sky
Your Dreams are my Dreams
Eleven Miles


Dann ist erst mal Mittagspause und Zeit sich Vorort in ein Restaurant zu begeben oder einfach die Imbissstände vorm Eingang zu kontaktieren. Die Auswahl ist mit Bratwürsten, Burgern, Eis und etwas Bier nicht gerade üppig aber immerhin ist dieses Jahr ein Falafel Stand hinzugekommen, der mehrere nordafrikanische Spezialitäten anbietet und damit durchaus Erfolg vermelden kann.

Nun wird‘s richtig wirr, denn es ist Zeit für die Niederländer von Schizoid Lloyd, einer absoluten Liveband, wie ich mir habe sagen lassen. Ihr aktuelles Album „The last Note in God's Magnum Opus“ war eines meiner Top 10 Alben im Jahre 2014 und dementsprechend gespannt erwarte ich das bunte Treiben auf der Bühne, das in seinem Wahnwitz der Musik um nichts nachsteht. Mit Titeln wie „Suicide Pinguin“, „Misanthrope Puppets“ oder „Christmas Devil“ ist es ein offenes Geheimnis, dass Humor hier entscheidende Rolle spielt, wie man es bei Frank Zappa kannte, oder dem abgefahrenen Diablo Swing Orchestra. Auch musikalisch könnte Zappa ein Ziehvater sein, zumindest aber eine Inspiration, wie vielleicht auch Queen und Genesis oder gar 10cc, kurzum: das gebotene musikalische Potpourri beinhaltet neben Metal auch Jazz, Musical, Weltmusik, Reggae und viel Psychedelic. Manchen ist das sicher zu viel und zu abgefahren, für mich ist es genau richtig und da Schizoid Lloyd keine Unbekannten auf dem Progpower sind, haben sie schon ein paar Fans im Rücken, die den letzten Auftritt noch gut im Gedächtnis haben. Ein guter Auftritt der musikalisch wie auch performancetechnisch überzeugt und im wahrsten Sinne des Wortes progressiv ist, dennoch kann man Schizoid Lloyd kaum gerecht beschreiben – man muss sie erlebt haben!

Unknown
Suicide Penguin
Christmas Devil
Avalanche Riders
Misanthrope Puppets
Cave Painter
Chicken Wing Swans
Amphibian Seer
Citizen Herd


Viele Schlagzeuger in meinem Umfeld geben als größte Inspiration Martin Lopez an, dem ehemaligen Opeth Drummer und ich muss zugeben, dass ich lange Zeit nicht wusste ob er Lopez noch musikalisch aktiv ist, was schade um sein großes Talent wäre, bis mir Soen über den Weg gelaufen sind. Und eben diese Schweden füllen am Samstagabend zum ersten Mal die Halle, und hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Der Geruch von Weihrauch schwängert die Luft des Sjiwas als Soen mit „Tabula Rasa“ mit 10 minütiger Verspätung das Set eröffnen, passend zum ästhetischen Gesamtkonzept aus Bühnengestaltung, Kleidung und Musik, die zwar von Opeth beeinflusst ist, aber auch was von Tool hat und nicht ganz so viele Death Metal Anleihen beinhaltet. Herzerwärmende A Cappella Passagen, groovige Rhythmen, hier und da deutliche Variationen der Albumversionen und ein Hauch Improvisation eingebettet in ein zu tiefst zynisches Gesamtgemälde. Die Texte werden vom Publikum mitgetragen und man sieht Sänger Joel Ekelöf durchaus an, dass dieser Abend nichts Alltägliches ist. Leider hat auch das skandinavische Quintett hier und da unter einem nicht ganz differenzierten Sound zu leiden, der mir nicht jede Melodielinie der Leadgitarre offenbart. Die Begeisterung scheint das jedoch nicht zu mindern und da man auf die 10 verpassten Minuten am Anfang nicht verzichten möchte, wird Soen so lange verbal unterstützt bis diese ihr Set auch wie geplant mit „Pluton“ schließen können.

Tabula Rasa
Delenda
Ennui
Koniskas
Canvas
Kuraman
Void
Savia
The Words
Pluton


Dann kommt die Band, die gefühlt die Hälfte der Anwesenden schon letztes Jahr schmerzlich vermisst haben, als der geplante Gig aufgrund eines Todesfalles abgesagt werden musste. Die Rede ist natürlich von Pagan’s Mind, die ich mal im Vorprogramm von Symphony X zu Gesicht bekam, die mir aber immer zu geradlinig waren und eher nach 80er Jahre Hardrock mit viel Synthies als nach Prog Metal klangen. Umso erstaunter war ich als die Herren mit einem knapp 20-minütigem instrumentalen Medley „Full Circle / Back to the Magic of Childhood Part II“ begannen, das zwar an manchen Stellen im Übergang nicht ganz stimmig wirkte, aber mich zwischenzeitlich zweifeln ließ ob hier die selbe Band auf der Bühne steht. Eine Achterbahnfahrt wie man sie von den ganz großen des Genres kennt. Als dann doch noch Sänger Nils K. Rue die Bühne betrat, war ich mir sicher dass hier wirklich Pagan’s Mind spielen, aber es ging auch musikalisch bergab, da dann genau die Nummern kamen die ich beim letzten Mal schon als eher langweilig abgestempelt habe. Hier und da sind die progressiven Elemente gut versteckt und der Anspruch erhält eine schillernde Fassade der Eingängigkeit und Einfachheit, auch sind die Norweger durchaus einzigartig in ihrer Art der Verknüpfung der Elemente, weder Threshold, noch Symphony X oder Kamelot könnte man als Vergleich für den Neuling heranziehen.

Das Publikum jedenfalls bekam den Headliner, den es ersehnte, das Set war gespickt mit Hits wie „Intermission“, „Enigmatic Mission“, „God’s Equation“ oder „United Alliance“ und ab und an ertappte ich mich auch beim Mitgehen. Zur Zugabe gab es dann noch das Bowie Cover „Hallo Spaceboy“ ein weiteres Medley und das obligatorische „Through Osiris‘ Eyes“.

So endete der zweite Festivaltag wie der erste mit vielen glücklichen Gesichtern, und der Rest unterhielt sich zufrieden vor der Halle, bevor die Leute wieder an die Frischluft taumelten.

Full Circle/Back to the Magic of Childhood Part II
United Alliance
Eyes of Fire
Spirit Starcruiser
Dimensions of Fire
Taken
Live your Life like a Dream
Intermission
Enigmatic Mission
God’s Equation
Walk away in Silence
New World Order
Back to the Magic of Childhood Part I
Medley (Celestine/Prophecy/Search)
Hallo Spaceboy (David Bowie Cover)
Through Osiris’ Eyes

Sonntag:

Frei nach dem Leitsatz “Rituale binden Menschen” ging es am Sonntagmorgen mit versammelter Mannschaft noch mal an die Maas zu Kaffee und Kuchen, wie schon im Jahr zuvor, bevor die Griechen von Until Rain den letzten Festivaltag eröffneten. Diese mussten gleich mal unter erschwerten Bedingungen arbeiten, da sie einen neuen Drummer innerhalb von wenigen Proben einzuarbeiten hatten, was schon bei weniger anspruchsvoller Musik oft schiefgeht. Matthew Vella jedoch erledigte seinen Einstand tadellos womit wir schon im Geschehen wären.

Until Rain agieren irgendwo zwischen Shadow Gallery, Threshold und Symphony X, bevorzugen gerne auch mal melancholische Passagen, aber haben immer viel Power und Kraft zur Unterstützung. Ihr Sound lebt auf CD von den Keyboardflächen, die unaufdringlich für Fülle sorgen, ohne komplettes Beiwerk zu sein. Leider kommt dieser Sound live einmal mehr nicht rüber und der neue Sänger Cons Marg kann auch nicht ganz mit seinem Vorgänger mithalten, weswegen Songs wie „Think again“, „My own Blood“ oder „Brain Death“ etwas hinter den Cd Versionen zurückbleiben. Optisch ein klarer Hingucker ist die unterstützende Sängerin Donna Zed, die in strahlend weißem Kleid und hellen Haaren einen Kontrast zum Rest setzt, leider jedoch nur selten zum Einsatz kommt und so den Großteil des Gigs einfach vor dem Mikrofonständer steht. Schade, da ihre Stimme durchaus etwas zu bieten hat, ein Element, das man noch häufiger integrieren könnte. Dennoch liefern die sechs Griechen alles in allem einen soliden Gig ab und erspielen sich so manchen neuen Fan, ohne jedoch vollends zu überzeugen.

The Clang of Shields, Pt.1
The Clang of Shields, Pt.2
Brain Death
Debate
Think again
In a State of great Depression
New World Fiction
Anthem to Creation
My own Blood


Die Weißrussen von Serdce, was, wie wir später lernen, russisch ist und “Herz” bedeutet, sind dann wieder eine dieser Bands, die so vielfältig sind, dass es schwer ist sie in Worte zu fassen. Das Intro beginnt mit düsteren Flächensounds, World Music Ansätzen und Piano, während der Opener „Samadhi“ in klassischer Technical Death Metal Manier herkommt, wenn auch die Melodien anders gesetzt sind. Man könnte manchmal meinen dass hier Cynic, Dream Theater um Rat gefragt haben um dann zusammen Tschaikowski zu exhumieren um gemeinsam das Werk zu vollenden, und je nach Song oder Passage setzt sich mal der eine, mal der andere durch. Es braucht wenig Vorstellungsvermögen um zu verstehen, dass das den Großteil an Hörern beim ersten Mal ziemlich plätten würde und dementsprechend sind auch die Reaktionen des Publikums zu verstehen. Während ein Teil verständnislos Kopf schüttelnd von dannen zieht, bleiben andere mit offenem Mund stehen um das Kunstwerk auf sich wirken zu lassen und wieder andere, mich eingeschlossen, ergeben sich einfach der Wucht und feiern die Band. Diese spielt den aktuellen Longplayer „Timelessness“ geradlinig und in Studioreihenfolge runter, und unterbricht lediglich für ein zwei Ansagen in gebrochenem Englisch. Der Sound ist sehr viel besser als noch bei Until Rain, die verschiedenen Keyboardsounds gut hörbar und auch der Fretless Bass von Alex Kharevich kommt nicht nur kompositorisch gut zur Geltung. Am Ende gibt es viel Applaus und Zugaberufe, denen aber aufgrund des strikten Zeitplans nicht Folge geleistet werden kann.

Into Shambhala (Intro)
Samadhi
Omens
Last Faith
Loss of Feelings or Feeling of Loss
The Sixth Sense
Unique Path
Quasar
Newborn


Als letzte Band des mediterranen Bundes diesen Jahres begeben sich dann Obsidian Kingdom aus Barcelona auf die Bretter, die die Welt bedeuten und untermauern einmal mehr das Barcelona viel mehr als nur den besten Fußballverein der Welt zu bieten hat. Interessant ist für mich, dass auch diese Band neben Exxasens mehr die düstere oder zumindest melancholische Schiene fährt, wo ich doch sonst aus dem Süden Europas und vor allem auch Spanien eher große Lebensfreude und fröhlichere Melodien gewohnt bin. Auffällig ist vor allem die Intensität und Dynamik mit der die Katalanen hier ans Werk gehen, in Form von verschieden Arten des Schreiens, Growlens und allem was die extremen Spielarten des Metals so zu bieten haben. All das überträgt sich spürbar auf das Publikum und sorgt für den einen oder anderen Gänsehautmoment. Daneben unterlegt eine brachiale Double Bass gerne langgezogene Akkorde und auch schwelgender Cleangesang darf nicht fehlen. Begleitet von einigen Videos, die auf Leinwand laufen, wagen es Obsidian Kingdom auch gleich ein paar neue unveröffentlichte Songs vom im März 2016 erscheinenden Album „A Year with no Summer“ zu präsentieren, deren Namen allerdings noch ein Geheimnis bleiben sollen. Als mit „Ball-Room“ und „And then it was“ das Set geschlossen wird, sind vor allem die mitgereisten Spanier extrem aus dem Häuschen, der Rest wirkt nicht ganz so euphorisch aber dennoch zufrieden.

Through the Glass
Cinnamon Balls
(unknown new song)
Last of the Light
Awake until Dawn
Haunts of the Underworld
Endless Wall
(unknown new song)
(unknown new song)
(unknown new song)
Ball-Room
And then it was


Nach dem Diner Break geht es dann also in die Zielgerade zu den letzten drei Bands des Festivals und die Polen von Animations sind hier kurzerhand für Abnormal Thought Patterns eingesprungen, da sie wie die US-Amerikaner aus der Technical Death Gefrickel Ecke kommen, zumindest ursprünglich. Mittlerweile ist aus dem einst rein instrumentalen Quartett eine stark von Metalcore beeinflusste Band geworden, und der stark muskulöse, tätowierte Sänger Frantz Wołoch shoutet mit einer Power die man so selten erlebt hat. Den Rang als wuchtigste Band des Festivals, so wird schnell klar, kann den Polen hier keiner nehmen. Allerdings fragt man sich schon ob das hier die richtige Zielgruppe ist, denn zwischen den Fans in der ersten Reihe und denen weiter hinter klafft ein Lücke, die sich auch im Laufe des Gigs nicht mehr füllt. Der Sound ist hinten differenzierter als vorne, was vor allem den Sololäufen die hier und da erhalten geblieben sind, entgegenkommt. Ansonsten ist das Highlight der 18-Minüter „Animations“ vom selbstbetitelten Album, der noch ganz instrumental daherkommt und von Symphony X bis Meshuggah alles höchst eingängig zusammenwürfelt. Zum Ende hin gibt es dann allerdings wieder neues Material, was mir persönlich etwas zu stumpf ist, eine Meinung mit der ich nicht ganz allein dastehe. Schade, würde man etwas ausgewogener zwischen alten und neuen Einflüssen mischen, wären Animations noch wertvoller, so sind sie nur eine von vielen Djent Bands mit Coreeinflüssen, die zweifelsohne souverän ihre Instrumente beherrschen.

Morality Failed
My Private Ghetto
Wrath
We Are.. Generation Zero
Tell me your Name Cain
Animations
Thieves of Dreams
Caught inside
Internal Chaos
Silence


Weitaus mehr Aufmerksamkeit fand die Rückkehr von Enchant, die nach über einem Jahrzehnt Abstinenz 2014 mal wieder ein Album auf den Markt brachten und jetzt im Herbst 2015 auch mal wieder live zu sehen waren. Ob die Herren um Ted Leonard nun AOR machen oder seichten Progressive Rock sei mal ganz außen vor gelassen, Fakt ist dass ihr Sound live eine ganze Spur härter als auf Cd ist, dass sie etwas verspielter als die normalen Rockbands sind, aber eigentlich eher von ihren greifbaren Melodien leben als von großer Progression. Heute Abend ist ihr Sound aber nicht nur hart, sondern vor allem extrem laut, so laut dass sogar die Boxen knacksen und auch Ted Leonard ins Publikum fragt ob man nicht etwas leiser drehen sollte. Dass dieses verneint versteht sich fast von selbst, bleibt mir aber unverständlich, da es den Genuss doch erheblich trübt. Das Set der Amerikaner erstreckt sich durch fast alle Alben wobei man mit 3 Songs den Fokus auf das von Fans als bestes gehandelte Album, Debut „A Blueprint of the World“, legt. Aber auch neuere Songs vom 2014er Werk „The Great Divide“ wie „Deserve to Feel“ gliedern sich gut ein ohne nach all der Zeit als zu modern zu wirken. Bass und Gitarre sind eine ganze Spur präsenter und Ted Leonard ist gut bei Stimme, schiefgehen kann hier wenig und so wird mit „Nighttime Sky“ und „Oasis“ ein würdiger Abschluss gesetzt, und so mancher glücklich in den Abend entlassen.

Sinking Sand
Hostile World
Deserve to Feel
At Death’s Door
Under Fire
Within an Inch
Nighttime Sky
Oasis

Zum großen Finale der Düsterprogger kam es dann mit Leprous, die schnell bewiesen, dass sie ihren Slot hier zu Recht innehatten. Mit vier großen Monitoren ausgestattet, war das Bühnenbild professionell inszeniert und die Show als solches stand dem um nichts nach. „The Flood“ und „Foe“ setzen den Anfang in einem Reigen aus den besten Grooves die der Djent so zu bieten hat gepaart mit intensiv schwelgendem Gesang, schwebenden Synthielines, so dass ich geneigt war das ganze Gothic Djent zu taufen. Frontmann und Sänger Einar Solberg versprühte viel Energie und war hochmotiviert seinen Bewegungsradius hinter dem Keyboard optimal auszunutzen, Schlagzeuger Baard Kolstad trieb die Band an und setzte mehrfach starke Akzente und die beiden Gitarristen posierten, bangten und ergänzten mehrstimmige Vocals die unter die Haut gingen. Das Set war sehr homogen, was anhand der Stilpflege die die Band betreibt kaum verwunderlich ist, gleichzeitig aber auch für die hohe Qualität der einzelnen Songs spricht. Ob nun „Rewind“, „Slave“ oder „The Price“, die Stimmung verharrte auf einem begeisternden Level. Ich persönlich war etwas verwundert, dass die teilweise vorhandenen Jazzeinflüsse heute nicht zur Geltung kamen, denn das hätte das Set meines Erachtens um ein weiteres Element bereichert, richtig vermisst habe ich sie jedoch auch nicht, da der Fokus auf den letzten beiden Auskopplungen lag. Mit „Acquired Taste“ und der Zugabe“ „Forced Entry“ schafften es zumindest 2 Songs vom älteren „Coal“ Album in die Auswahl.

Für das Publikum waren Leprous das klare Highlight, so gesehen hat die Festivalleitung also alles richtig gemacht und nachdem die letzten Noten verklungen waren, und viel aus ihrem tranceartigen Trip erwachten, war der Merchandise stand gerappelt voll.

The Flood
Foe
Third Law
Chronic
Rewind
The Cloak
Acquired Taste
Red
Slave
The Price
Moon
Down
The Valley
Forced Entry


Fazit: Das Progpower bleibt ein Festival dessen Flair einfach anders ist, familiärer, offener, freundlicher – aber natürlich auch übersichtlicher. Ich war immer ein Festivalgänger, den vor allem das Billing interessiert hat und das ist beim PPE einfach anders, weil das Fachsimpeln mit Gleichgesinnten in den Pausen oder auch mal während Konzerten, die nicht so überzeugen einfach mehr Nähe erzeugt als anonym in der Masse auf dem Campingplatz zu hocken. Zu hoffen bleibt lediglich, dass man die Soundprobleme im Sjiwa in der Zukunft besser in den Griff bekommt.

Versorgungstechnisch hat man mit dem Falafelstand eine gute Wahl getroffen, und musikalisch ist weiterhin viel Interessantes vertreten, auch wenn mir ein Headliner in der Qualität von Pain of Salvation dieses Jahr gefehlt hat. Dafür haben Leprous, Soen und Myrath meine Erwartungen vollends erfüllt, Serdce waren eine Wucht und Exxasens schienen, wenn man mal in die Masse gehört hat, die Neuentdeckung des Festivals zu sein. Für die nächste Edition im Jahr 2016 sind mit Earthside, 6:33, Subterranean Masquerade, Chaos Divine, Distorted Harmony und Threshold schon mal ein paar interessante Bands gebucht und wenn nichts dazwischen kommt, wird mich auch mein Weg wieder nach Baarlo führen.

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