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VIRGIN STEELE – The Passion Of Dionysos (2023)

(8.393) Maik (0,5/10) Klimpermetal


Label: Steamhammer
VÖ: 30.06.2023
Stil: Klimpermetal

 






Ich gebe gleich im Vornherein zu, dass ich nie der grosse VIRGIN STEELE- Fan war. Es war ganz annehmbare Musik, welche David DeFeis und seine immer mal wechselnden Helferlein zusammengebastelt hatten, doch fand ich VS- Ableger wie EXORCIST oder PILEDRIVER immer interessanter. Ob sich das mit dem neuen Album ändern wird?

Nun, die Hoffnungen hielten sich in Grenzen, denn unser Chef Olaf hat mir schon im Vorfeld bedrohlich wirkende Warnsignale geschickt. Nichtsdestotrotz warf ich mich todesmutig in die Wellen und…versank. Allerdings nicht, wie man angesichts eines bombastisch angedachten Konzeptalbums hoffen sollte, in den Tiefen ergreifender Melodien, sondern im endlosen Nichts eines unerbittlichen Universums.

„The Gethsemane Effekt“ lässt sich zu Beginn eigentlich recht ordentlich an, doch schon recht schnell fühlt man sich nicht nur zwischen zwei Stühlen, sondern zwischen IKEA und Möbel Rieger. Eingehende und poppige Klänge treffen auf versuchte Anklänge an Seventies- Hard- und Progrock. Das ständig uninspiriert herumklimpernde Piano erinnert eher an MEAT LOAF, obwohl dieser sich sicher vehement gegen diesen Vergleich wehren würde. Denn der gute David macht auch gesanglich irgendwie eine schräge Figur.

Ich meine, normalerweise finde ich es ja recht erfrischend, wenn Sänger, die eher im softeren Breich unterwegs sind, mit ein paar aggressiveren Screams and Shouts aufwarten, doch was DeFeis hier abzieht, sind gelegentlich an meist unpassenden Stellen eingeworfene Kreischerlein, die eher so klingen, als würde man einer Katze auf den Schwanz treten. Naja, und ob in einem Songtext über eine Gottheit der griechischen Mythologie Worte wie ‚Motherfucker‘ und ‚Bitch‘ angemessen sind, sei dahingestellt. Ebenso stellt sich die Frage, warum man einen derartigen Plätschersong auf über sieben Minuten aufblähen muss, und wieso man das Ding an den Anfang der Platte stellt.

Nun, die Antwort, zumindest auf die der letzten beiden Fragen, folgt auf dem Fusse, denn das nun erklingende, über neun Minuten dahinvegetierende „You’ll Never See The Sun Again“ lässt die Gitarren am Anfang völlig im Schrank, schiebt das Piano wieder über die Bühne, und besteht ansonsten zum grössten Teil aus Gesang und merkwürdig künstlich klingenden Drums, die in mir den Verdacht eines diesbezüglich eingesetzten Computers aufwallen lassen.

Der Song ist auch insgesamt ein massives Konglomerat aus Langeweile, welches zwischen Eingängigkeit, versuchter Progressivität, Theatralik und versuchtem Bombast herumirrt, ohne jemals bei einem der genannten Aspekte anzudocken. Ich glaube, da gibt es rockigere Songs von ELTON JOHN.

„A Song Of Possession“, obwohl zu Beginn etwas flotter intoniert, lässt dennoch keinen Raum für Freude. Mittlerweile scheinen bei VIRGIN STEELE Klavierklänge vollends im Vordergrund zu stehen; weshalb der Kollege zwei Gitarristen braucht, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Ab und an taucht mal ein Riff aus der Tiefe auf, doch insgesamt klimpert und singt sich David DeFeis durch einen Song, der an Belanglosigkeit und Langweile kaum zu toppen ist.

Kaum, sagte ich. Denn was jetzt kommt, schlägt dem Fass das Ei aufs Gesäss. Ich sage nur: 12:42 Minuten. Es ist nicht leicht, Songs mit dieser Länge mit genügend Substanz zu füllen, selbst Meister wie IRON MAIDEN schaffen das heutzutage nur noch bedingt, und die haben mit „Rhyme Of An Ancient Mariner“ oder „The Lonelyness Of The Long Distance Runner“ bewiesen, dass sie es können. „Ritual Of Descent“ dürfte es eigentlich nicht einmal wagen, in einem Absatz zusammen mit diesen beiden Werken genannt zu werden.

Hier auch wieder versuchte Theatralik, versuchte Progressivität, zusammen mit Eingängigkeit und dem Wunsch, doch noch irgendwie nach Metal zu klingen. Doch wenn man versucht, mit einem Pfeil mehrere Ziele zu treffen, verfehlt man alle. Und so langsam geht mir das omnipräsente Piano auch ziemlich auf die Kanüle, und ich wünsche mir Jerry Lee Lewis zurück, der das seinige ja gern mal angezündet hat.

Nach dieser Tortur wirkt das nun folgende „Spiritual Warfare“ geradezu befreiend und flott, und verspricht ein flockiger Hardrock/Melodic Metal- Track zu werden, bei dem sogar die Gitarren auch mal etwas mehr zu sagen haben. Wenn man mal von den wobbeligen Drums absieht, die immer mehr nach Elektronik klingen…Hach, doch nach reichlich zwei Minuten versinkt das Ganze wieder im üblichen Einerlei. Das Klavier wird wieder aus der Versenkung geholt und so langsam habe ich das gefühl, dass sich die spirituelle Kriegführung gegen mich richtet. Säusel, Säusel, Klimper, Klimper. Und dann mutiert das Ganze mittendrin noch zum Hörspiel mit Sprechgesang.

Wird es besser? Ist die Erde eine Scheibe? Auch „Black Earth And Blood“ besticht durch die schon bekannten Stilmittel. Nur der Umstand, dass der Song nicht mal die zweieinhalb-Minuten-Grenze knackt, verortet ihn in die Liga ‚halbwegs hörbar‘.

Über die auf acht Minuten ausgewalzte Manifestation der Langeweile namens „The Passion Of Dionysos“ verliere ich keine weiteren Worte, und eigentlich will ich auch gar nicht weiterschreiben, denn auch auf den restlichen Songs brillieren Ideenlosigkeit und fast schon schmerzliche Leere. Immer wenn mal ein hartes Gitarrenriff auftaucht, an dem man sich hilflos festzuklammern versucht, sinkt man mit demselben in den unerbittlichen Säuselklimperozean.

Bei „Unio Mystica“ möchte man schon während der ersten Minute schreiend aus dem Fenster springen oder sich die Gehörgänge mit einem Schweissbrenner veröden. Der Blick auf das Display, welches mir eine Gesamtspielzeit von über neun Minuten anzeigt, bringt mich an den Rand einer Panikattacke. Und wer, frage ich, hat eigentlich ein Stück aus der Tastatur gebissen?

Mit dem Schlussgesang werden noch mal die Versuche einiger rockiger Elemente angestellt. ‚I am your god‘ singt der Knabe, und mir fällt schlagartig ein, warum ich Atheist bin. Insgesamt versucht man sich etwas an der Progressivität von SAVATAGE, allerdings aus der Sicht von innerhalb der Kloschüssel, in die Jon Oliva gerade einen grossen Haufen abseilt. Und es ist vollbracht. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich mir dieses Machwerk tatsächlich dreimal angehört habe. Dreimal! DREIMAL!!! Das sind fast vier Stunden meines Lebens, die zehn Jahre, um die ich währenddessen gealtert bin, nicht mitgerechnet!

Auf Facebook kursiert ja immer mal die Frage, welche Musik man sich für seine Beerdigung wünscht. Ich bin jetzt der Ansicht, bei mir muss das VIRGIN STEELEs „The Passion Of Dionysos“ sein. Erstens, weil ich es dann eh nicht mehr hören kann. Zweitens, weil es jedwede eventuelle Neigung zur Wiederauferstehung meinerseits im Keim abtötet. Und drittens, damit die Trauergäste auch wirklich zutiefst erschüttert und betroffen von meinem Abgang sind.

Anspieltipp: „Spiritual Warfare“ und „Unio Mystica“


Bewertung: 0,5 von 10 Punkten


TRACKLIST:

01. The Gethsemane Effect
02. You’ll Never See The Sun Again
03. A Song Of Possession
04. The Ritual Of Descent
05. Spiritual Warfare
06. Black Earth And Blood
07. The Passion Of Dionysos
08. To Bind And Kill A God
09. Unio Mystica
10. I Will Fear No Man For I Am A God



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